Preisträger 2020
Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat am 18. Mai 2020 die 66 unabhängigen Verlage bekanntgegeben, die mit dem Deutschen Verlagspreis 2020 ausgezeichnet werden.
Der Preis wird in drei Kategorien verliehen: Drei herausragende Verlage erhalten für die besondere Qualität, Nachhaltigkeit und Innovationskraft ihrer Arbeit Gütesiegel und Prämien in Höhe von jeweils 60.000 Euro. 60 weitere Verlage werden für ihre hervorragenden Leistungen mit einem Gütesiegel und jeweils 20.000 Euro ausgezeichnet. Ein undotiertes Gütesiegel erhalten drei Verlage, die mit ihrem durchschnittlichen Jahresumsatz in den letzten drei Jahren über drei Millionen Euro lagen.
Wer zu den herausragenden drei Verlagen gehört, hat Frau Staatsministerin Grütters in einer Video-Botschaft am Montag, den 25. Mai 2020, bekanntgegeben. Die ursprünglich für diesen Tag in München geplante Verleihung musste aufgrund der Corona-Pandemie leider abgesagt werden.
Die Auswahl der Preisträger erfolgte durch eine unabhängige Fachjury unter Vorsitz der Germanistin und Literaturkritikerin Dr. Insa Wilke. Die weiteren Mitglieder sind die Literaturübersetzerin Patricia Klobusiczky, der Verantwortliche für Business Development bei der Frankfurter Buchmesse Lars Birken-Bertsch sowie der Buchhändler und Bookstagrammer Florian Valerius. Ebenso gehören ihr der Ressortleiter des Feuilletons der FAZ Hannes Hintermeier, der freie Hersteller und Buchgestalter Prof. em. Hans-Heinrich Ruta und der Literaturwissenschaftler und Leiter des Literaturhauses Hamburg Prof. Dr. Rainer Moritz an. Das allgemeine Statement der Jury zur Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger finden Sie hier.
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Dotierte Gütesiegel
Die drei Spitzenpreise, Gütesiegel verbunden mit einer Prämie in Höhe von jeweils 60.000 Euro, gingen in diesem Jahr an DOM publishers, Liebeskind und Matthes & Seitz Berlin.
Verlagsname | Internetseite | |
---|---|---|
DOM publishers | ||
Liebeskind | ||
Matthes & Seitz Berlin |
Aus der Juryentscheidung zu den Spitzenpreisträgern heißt es:
Der Verlag Matthes & Seitz Berlin überrascht uns seit bald zwanzig Jahren zuverlässig mit neuen Stimmen aus aller Welt, mit der Wiederentdeckung von Klassikern, die ihrer Zeit weit voraus waren, er lässt uns die Vielfalt der Natur erkunden und an den Freuden von Wissenschaft und Philosophie teilhaben - und das alles durch Bücher, die nicht nur inhaltlich überzeugen, sondern auch wunderbar gestaltet sind.
Seit fünfzehn Jahren leistet der inhabergeführte Verlag DOM Publishers mit seinen eigenständig gestalteten Büchern einen wertvollen Beitrag zur Debatte über zeitgenössische Architektur und Städtebau. Neben praxisrelevanten Handbüchern und Monografien zur internationalen Architekturgeschichte überzeugt auch die mittlerweile auf mehr als hundert Bände angewachsene Reihe Architekturführer über Städte auf der ganzen Welt.
Aus der gleichnamigen Buchhandlung im Münchner Gärtnerplatzviertel ging der Liebeskind Verlag 2001 mit seinem ersten Programm hervor. Neben einem anspruchsvollen und stringent gestalteten Auftritt machte der Verlag schon sehr schnell durch seine Neuentdeckungen auf sich aufmerksam. Inzwischen sind seine Autorinnen und Autoren gerade in der internationalen Literatur und im Segment des „Literarischen Krimis“ nicht mehr wegzudenken – dafür sollen hier beispielhaft die Namen Yoko Ogawa und David Peace stehen.
Die nachstehenden 60 Verlage sind Träger eines Deutschen Verlagspreises 2020 in Form eines Gütesiegels und einer Prämie in Höhe von jeweils 20.000 Euro:
Verlagsname | Internetseite | |
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| Arco Verlag | |
| Ariella Verlag | |
avant-verlag | ||
Berenberg | ||
Brandes & Apsel Verlag | ||
Brinkmann & Bose | ||
Büchner | ||
cass verlag | ||
CulturBooks Verlag | ||
Dietrich Reimer Verlag | ||
Draupadi Verlag | ||
ebersbach & simon | ||
edition assemblage | ||
Edition Bracklo | ||
Edition Nautilus | ||
Edition Taube | ||
Eisele Verlag | ||
Elfenbein Verlag | ||
Felix Meiner Verlag | ||
Frohmann | ||
Guggolz Verlag | ||
Hentrich & Hentrich | ||
Jacoby & Stuart | ||
K. Verlag | ||
Klett Kinderbuch Verlag | ||
Korbinian Verlag | ||
Krug & Schadenberg | ||
Lehmstedt | ||
mareverlag | ||
MaroVerlag | ||
Merlin Verlag | ||
Merve | ||
mikrotext | ||
Osburg Verlag | ||
Pendragon | ||
Peter Hammer Verlag | ||
pmv Peter Meyer Verlag | ||
Poetenladen | ||
Pulp Master | ||
Reprodukt | ||
Rotopol | ||
Schaltzeit Verlag | ||
Schirmer/Mosel | ||
Schöffling & Co. | ||
Secession Verlag | ||
starfruit publications | ||
supposé | ||
Trescher Verlag | ||
Tulipan | ||
Ventil Verlag | ||
Verbrecher Verlag | ||
Verlag Das Kulturelle Gedächtnis | ||
Verlag Friedrich Pustet | ||
Verlag Klaus Bittermann – Edition Tiamat | ||
Verlag Klaus Wagenbach | ||
Verlagshaus Berlin | ||
Voland & Quist | ||
Weidle Verlag | ||
Westend Verlag | ||
Wunderhorn |
Undotierte Gütesiegel
Die nachstehenden drei Verlage, die mit ihrem durchschnittlichen Jahresumsatz über drei Millionen Euro pro Jahr liegen, haben ein undotiertes Gütesiegel erhalten:
Verlagsname | Internetseite | |
---|---|---|
| Carl Hanser Verlag | |
| Tessloff Verlag | |
| Wallstein |
Aus der Juryentscheidung zu den Trägern des undotierten Gütesiegels heißt es:
Der 1928 gegründete Carl Hanser Verlag zählt zu den wenigen großen konzernunabhängigen Verlagsunternehmen hierzulande. Unter seinem Dach sind der technische Fachverlag und der Literaturverlag vereint. Letzterem gelingt es seit Jahrzehnten, Weltliteratur auf hohem Niveau zu präsentieren, dabei den Blick für die osteuropäischen Literaturen zu schärfen, der Lyrik wie dem populären Sachbuch einen festen Platz zu geben und Klassiker wie Flaubert oder Gontscharow in zeitgemäßen Übersetzungen wieder ins Gespräch zu bringen.
Mit der „Was ist Was“-Reihe hat der Tessloff Verlag vor mehr als einem halben Jahrhundert die Sparte Kindersachbuch in Deutschland neu und massenwirksam begründet und Anfang des 21. Jahrhunderts den gewandelten Seh- und Lesegewohnheiten angepasst. Das Programm des Verlags nimmt sein junges Publikum ernst, begegnet kindlichen Fragen und Spielfreude auf Augenhöhe und vermittelt ohne didaktische Aufdringlichkeit die Faszination an den Phänomenen der Welt.
Der Wallstein Verlag hat seit den 1980er Jahren eine kluge Kooperationsstruktur entwickelt, um sonst kaum finanzierbare Gesamtausgaben wie die der Briefe, Texte und Gedichte von Johann Peter Hebel und Rahel Varnhagen, Christine Lavant, Nicolas Born und Adolf Endler zu realisieren. Er hat sich außerdem insbesondere um die Geisteswissenschaften verdient gemacht und flankiert beide Sparten mit einem belletristischen Programm, das sowohl für Entdeckungen wie für ganz traditionelle Autorenpflege steht.
Kurze Statistik
Die Bewerberzahlen sind dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr von 312 auf 334 angestiegen.
Die Programme der ausgezeichneten Verlage umfassen folgende Schwerpunkte:
Schwerpunkt | Anzahl Preisträger |
---|---|
Belletristik | 44 |
Sach- und Fachbuch | 41 |
Fremdsprachige Literatur | 26 |
Lyrik | 24 |
Kunst- und Fotobuch | 17 |
Kinder- und Jugendbuch | 15 |
Dabei konnten die Verlage in ihrer Bewerbung mehrere Schwerpunkte angeben (daher ist die Anzahl der Schwerpunkte größer als 66). Die Schwerpunkte Belletristik sowie Sach- und Fachbuch haben auch bei den Bewerberverlagen insgesamt den größten Anteil ausgemacht.
Es sind Verlage aus 12 Bundesländern vertreten:
Bundesland | Anzahl Preisträger |
---|---|
Baden-Württemberg | 2 |
Bayern | 10 |
Berlin | 26 |
Brandenburg | 1 |
Hamburg | 5 |
Hessen | 5 |
Niedersachsen | 2 |
Nordrhein-Westfalen | 5 |
Rheinland-Pfalz | 2 |
Sachsen | 6 |
Schleswig-Holstein | 1 |
Thüringen | 1 |
Die am häufigsten vertretenen Bundesländer Berlin und Bayern bildeten auch bei den Bewerbern insgesamt die größten regionalen Gruppen.
30 der 66 ausgewählten Verlage wurden bereits mit einem Deutschen Verlagspreis 2019 ausgezeichnet.
Allgemeines Jurystatement:
Verehrte Verlegerinnen und Verleger, liebe Verbündete,
wir wissen ja alle, dass das zweite Buch das schwierigste ist, insbesondere, wenn das erste ein Erfolg war. Gilt das auch für Jury-Arbeit? Und war der Deutsche Verlagspreis 2019 ein Erfolg? – Wir haben es durchaus so empfunden. Den Erfolg gemessen an der Anzahl, Vielfalt und Qualität der Bewerbungen, und weil wir als Jury eine noch größere Qual der Wahl hatten.
Eine solche Vielfalt an Interessen, ein solcher Mut zum Profil! Eine so große Umsicht, mit der viele Verlage Produktionsprozesse begleiten und initiieren! Und immer wieder auch ein klares Bewusstsein für den Standort in der Region und die damit verbundene Verantwortung, auch über diesen Standort hinaus! – Es war eine Freude, Ihre Bewerbungen zu sichten, weil sich so unmittelbar mitteilt, was für einen kulturellen Reichtum Sie sichtbar und verfügbar machen.
Dass dieser kulturelle Reichtum in einer Demokratie auch bedeutet, eine politische Öffentlichkeit herzustellen, ist uns allen in diesen Zeiten wohl wieder einmal deutlich geworden, vielleicht sogar wieder deutlicher als vor dem Virus und seinen Folgen. In diesem Sinne, in diesem Bewusstsein, sind wir durchaus Verbündete, ob wir nun rezensieren, verlegen, vermitteln, gestalten, verkaufen, übersetzen: Es geht doch uns allen um mehr als nur um ein Produkt.
Nun ist genau das natürlich auch die Aura, die in unserem Literaturbetrieb immer wieder hergestellt werden muss, und nur Naive denken, dahinter stünden keine legitimen wirtschaftlichen Notwendigkeiten. Beiden Seiten sollte gerade jetzt Rechnung getragen werden. Der wirtschaftlichen, politischen und ideellen „Systemrelevanz“ in diesen schwierigen Zeiten mit einer Subvention, wie sie branchenübergreifend derzeit verfügbar ist. Aber auch der kreativen Leistung, die Ihre Arbeit selbst darstellt und die sie Schreibenden ermöglicht. Ihr gilt der Deutsche Verlagspreis. Diese Auszeichnung gerade in diesem Jahr 2020 zu verleihen und das dafür zur Verfügung stehende Budget nicht dem Topf einer davon gesondert zu haltende und der Verlagsbranche wie allen anderen Branchen zustehenden krisenbedingten Subvention einzugemeinden, war Frau Staatsministerin Grütters sowie der Jury wichtig.
In diesem Jahr ist der Schriftsteller Giwi Margwelaschwili im hohen Alter gestorben. Er hatte zwei Diktaturen des 20. Jahrhunderts miterlebt und miterlitten und darauf mit einer ganz eigenen Ästhetik reagiert. Vor zehn Jahren wurde er, damals lebte er wieder in seiner Kindheitsstadt Berlin, gefragt, ob das Überangebot an Informationen, Geschichten, Perspektiven, das es in Deutschland auch durch Ihre Arbeit gibt, es nicht schwierig mache, die Relevanz der einzelnen Wortmeldungen einzuschätzen. Ob man vor lauter Einzel-Stimmen nicht die Orientierung verliere. Giwi Margwelaschwili, der so freundlich und so verschmitzt auf die Welt blicken konnte, wurde ganz ernst und sagte: „Du musst wählen. Wähl doch aus!“ Wenn man zwei Diktaturen überlebt habe, wisse man wie wertvoll die Möglichkeit sei, sich in einer solchen Vielfalt sein eigenes Urteil bilden zu dürfen, meinte er.
Sie alle sorgen für diese Vielfalt. Auch diejenigen, die in diesem Jahr nicht ausgezeichnet wurden und die sich bitte wieder bewerben mögen. Dafür danken wir Ihnen. Wir wissen, wie schwer Ihr Geschäft zuweilen, eigentlich meistens ist. Wie Sie nicht nur in diesen Zeiten kämpfen müssen, wie findig Sie sein müssen, um sich und Ihren Autor*innen das Überleben zu sichern. Wie schwer es nicht nur den unabhängigen Verlagen, sondern allen Beteiligten unseres Literaturbetriebs fällt, mit der heute fragmentierten Öffentlichkeit umzugehen, in der es nicht mehr die drei, vier Kanäle gibt, die man beschicken muss, um erfolgreich zu sein.
Giwi Margwelaschwili hat damals, im Jahr 2010, einen Auftrag formuliert: Mit Zuversicht und mit Beharrlichkeit hellwach zu bleiben und dabei den Spaß an der Sache und ihre Notwendigkeit im Auge zu behalten. Die in diesem Jahr ausgezeichneten Verlage sind uns, der Jury, darin ein Vorbild.
Insa Wilke für die Jury Deutscher Verlagspreis 2020
Berlin, April 2020